Artikel 13 – der apokalyptische Reiter für Influencer?

Über die letzten Monate gab es nur ein Thema: Artikel 13. Der Artikel 13, das am 26. März im EU-Parlament verabschiedete Gesetz, verfolgt das Ziel, Urheberrechte in Zeiten der Digitalisierung besser zu schützen. Was manche als Chance sehen, dem steht der Großteil ablehnend gegenüber. Viele YouTuber und Influencer bezeichnen das Gesetz sogar als „Tod des freien Internets“. Im Vorfeld der Abstimmung riefen diese deshalb zu Großdemonstrationen auf und Petitionen sammelten mehrere Millionen Unterschriften gegen den Entwurf – vergeblich. Doch nicht nur YouTube Videos und Musik fallen unter die neue Regulierung – auch unscheinbare Aspekte des Webs wie Memes sind betroffen.

Artikel 13 im Überblick

Prägnant zusammengefasst macht Artikel 13 große online Plattformen wie YouTube, Instagram oder Facebook für die urheberrechtlichen Verfehlungen ihrer Nutzer haftbar. Während diese bisher nur hafteten, wenn sie auf Urheberrechtsverletzungen aufgemerksam gemacht wurden, sieht das neue Gesetz eine Haftung ab dem Zeitpunkt des Uploads vor. Um eben solche zu vermeiden, sollen die Anbieter sämtliche Inhalte vor der Veröffentlichung auf etwaige Verstöße überprüfen. Bei der schieren Maße an Inhalten eine Sisyphusaufgabe.

Auf YouTube bedeutet dies die Überprüfung von 400 Stunden Videomaterial, das pro Minute hochgeladen wird. Infolgedessen fürchten Nutzer die Etablierung von Uploadfiltern. Dabei werden die Inhalte von Algorithmen automatisch überprüft und gegebenenfalls direkt gesperrt. So sollen Künstler und Verlage, die bisher durch User-Generated-Content keine Einnahmen erzielten, fair vergütet werden. Zwar gilt die Einführung von Uploadfiltern nicht als sicher, sie scheinen jedoch die einzige Möglichkeit zu sein, die Vorgaben umzusetzen. Wie diese jedoch zwischen einer Verletzung und einer erlaubten Verwendung, beispielsweise in Form einer Parodie, unterscheiden können, ist unklar.

Die Bedeutung von Artikel 13 für Influencer

Selfie mit Handy eines Influencers

Mehr über Influencer Marketing erfahren

Beschäftigen wir uns zunächst in aller Kürze mit der Frage, was Influencer sind. Dem englischen Wort entsprechend, handelt es sich dabei um Personen, die andere Nutzer beeinflussen. Zu diesem Spektrum gehören neben Instagrammern, die ihren Einfluss nutzen, um Produkte an ihre Community zu verkaufen, auch Video Creator auf YouTube oder der Streaming-Plattform Twitch. Hinter dem Begriff Influencer verbirgt sich allerdings nicht zwingend eine kommerzielle Absicht. Es gibt ebenso politische Influencer wie beispielsweise LeFloid oder HerrNewstime.

Doch wie wirkt sich Artikel 13 im Detail auf Influencer aus?

Konsequenzen für Live Streamer

Kann ein vorbeifahrendes Auto den Live Stream beenden? Mit Artikel 13 definitiv! Zum Beispiel dann, wenn der Fahrer Radio hört, die Scheiben heruntergelassen sind und die Musik plötzlich im Hintergrund des Videos erklingt. Da das Musikstück urheberrechtlich geschützt ist, würde das eine Urheberrechtsverletzung bedeuten. Streamer müssten daher vor Beginn des Videos eine Umgebung wählen, in der mit absoluter Sicherheit keine Urheberrechtsverletzung erfolgen kann. Beispielsweise in einem schallisolierten Keller oder im tiefsten Herzen des Waldes.

Spaß beiseite. Für Live Streamer bedeutet das eine echte Herausforderung und kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass die „live“ Übertragung aufgenommen, auf Urheberrechtsverletzungen überprüft und dann als Video der Community bereitgestellt wird. Auch Streamer, die ihre Community mit Video Spielen unterhalten, finden sich in einer brenzlichen Situation. Denn gibt der Hersteller des Spiels dieses nicht dafür frei, liegen alle Rechte nach wie vor bei ihm. Diese Verstöße in Echtzeit zu erkennen, ist jedoch prinizipiell nicht machbar. Wie Streams dann auf Urheberrechtsverletzungen überprüft werden sollen? Aktuell ungeklärt…

Konsequenzen für YouTuber

Fit für die DSGVO und ePrivacy

Fit für die ePricacy 2019? Nach der DSGVO kommt die ePrivacy.

Neben sämtlichen Restriktionen, die sich für Live Streamer ergeben, sehen sich YouTuber mit weiteren Einschränkungen konfrontiert. Parodien, Memes und selbst Thumbnails, denen Filme, Videos oder Musikvideos zugrunde liegen, fallen zukünftig ebenfalls unter urheberrechtlichen Schutz. Eine Einbindung derartiger Inhalte dürfte daher den Algorithmus des Uploadfilters aufmerksam werden lassen.

Auch wenn eine Eigenleistung vorliegt, im Falle der Parodie das Neusprechen von Dialogen oder eine ganz eigene Handlung, so ist das Ausgangsmaterial dennoch geschützt. Zwar darf dieses genutzt werden, sofern eine freie Benutzung vorliegt, doch Uploadfilter dürften das wohl kaum erkennen.

Konsequenzen für Instagrammer

Nicht nur Influencer sind von Artikel 13 auf Instagram betroffen, sondern auch private Profile. Da kann das Teilen eines Urlaubsbilds mit den Freunden zur echten Herausforderung werden. Denn sollte dieses einem der Millionen und Abermillionen von Stockfotos ähneln, würde es aufgrund von Vorsichtsmaßnahmen seitens der Plattformbetreiber nie hochgeladen werden, da es den Filter nicht passiert. Gleiches gilt auch für das eigene Profilbild oder die unzähligen Motivationssprüche.

Kompliziert dürfte es auch im Hinblick auf das „Stehlen“ von Bildern werden. Angenommen ein Nutzer kopiert ein geschütztes Foto Ihrer Website und lädt dieses auf seinem Instagram Account hoch. Von Instagram wird in diesem Fall keine Hilfe kommen, denn die Plattform hat die Rechte, das Bild nutzen zu dürfen, pauschal gekauft und wird Sie daher überhaupt nicht darauf aufmerksam machen können! Sie müssen den Bilderdieb also selbst aufspüren.

Fazit zum Artikel 13

Auch wenn Artikel 13 nicht direkt von Uploadfiltern spricht, sind sie die einzige Möglichkeit, die Bestimmungen umzusetzen. Dabei stellt sich die Frage, ob diese überhaupt rechtens sind. Denn im Jahre 2012 hatte der europäische Gerichtshof eine derartige Funktion abgelehnt. „Anbieter sozialer Netzwerke können nicht zu Vorkontrollen im Netz gezwungen werden.“ Quelle: Süddeutsche Zeitung.

Sollte das nicht der Fall sein, steht eine mögliche Form der Kontrolle in den Sternen. Eines ist jedoch sicher: auch wenn Artikel 13 nicht der apokalyptische Reiter ist, als der er dargestellt wird, so sollten sich Nutzer und insbesondere Influencer besser warm anziehen.


Es ist amtlich, das neue EU-Urheberrecht ist endgültig beschlossen. 3 Wochen zuvor gab es eine heiseshow, die sich dem Thema widmete.

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